Die Ginsheimer Katholische Kirche


die alte katholische Kirche (Bildrechte: Familie Hans Hebel)

 

Nach der Reformation[1] gab es für eine lange Zeit keine katholischen Bürger in Ginsheim. Wir wissen nicht, wann wieder Katholiken nach Ginsheim kamen, und auch die Anzahl der Katholiken, die Anfang dieses Jahrhunderts in Ginsheim wohnten, ist nicht bekannt.

Aus Erzählungen älterer Ginsheimer wissen wir, dass sehr wenig Katholiken in Ginsheim wohnten und diese im ersten Drittel dieses Jahrhunderts vom Gustavsburger Pfarrer mitbetreut wurden. Auch ihre Gottesdienste wurden in Gustavsburg abgehalten.

In der Schulchronik wird erstmals am 10. Mai 1929 erwähnt, dass von 300 Schülern 13 katholisch waren. Da 1929 Ginsheim weniger als 3000 Einwohner hatte, waren es damals ca. 100 Katholiken, die in Ginsheim wohnten.

Als 1935/36 die "Ginsheimer Siedlung" (Auf dem Wingert, Karl-Ulrich-Straße, Teile der Mainzer Straße) gebaut wurde, siedelten kinderreiche Familien aus Mainz (Ginsheim war damals Mainzer Vorort) nach Ginsheim über und der Anteil der Katholiken stieg damals auf ca. 250 Personen.

Um den Ginsheimer Katholiken den Weg nach Gustavsburg zu ersparen, bemühte sich der Gustavsburger Pfarrer Ballweg um einen Raum in Ginsheim. Die Stadtverwaltung Mainz stellte daraufhin den Gemeindesaal im Ginsheimer Rathaus (damals Hauptstraße) zur Verfügung.

Katholische Marienkirche 2012 (Bildrechte: Jürgen Westhauser)

Die Ginsheimer Katholiken waren bis auf einen "Makel" mit dieser Lösung zufrieden: dieser Makel war ein Bild, das an
der Wand hing und die Person auf diesem Bild schaute den Gläubigen beim Gottesdienst zu.

Hierzu muss man wissen, dass dieser Raum ein Behörden-raum war und zu der damaligen Zeit musste dort ein "Hitler-Bild" hängen.

Da man dieses Bild nicht einfach entfernen durfte (Führer-
beleidigung!) hängte man es einfach während des Gottes-
dienstes mit einem Tuch zu.

Da irgendeinem Ginsheimer dies nicht passte, bekamen die Katholiken diesen Raum gekündigt und mussten erneut an Sonntagen nach Gustavsburg fahren, um ihre Gottesdienste abzuhalten.

Der Wunsch der Katholiken, eine kleine Kirche zu bauen, wurde ebenfalls nicht erhört, da zu dieser Zeit ein hoher Geländebedarf für militärische Einrichtungen bestand.

Nun stellte ein Ginsheimer Gastwirt den Katholiken an den Sonntagvormittagen seinen Gasthaussaal zur Verfügung.

Nach einiger Zeit wurde dieser Saal jedoch von der SA benötigt und die Katholiken standen erneut auf der Straße.

Nun bekamen die Katholiken jedoch unerwartete Hilfe vom evangelischen Pfarrer Wilhelm Blum und dem seinem Kirchenvorstand: diese boten den Katholiken ihren Saal im evangelischen Gemeindehaus für die Sonntagsgottes-
dienste an. Dies war 1939 zu Beginn des 2. Weltkrieges.

Pfarrer Heino Schneider aus Mainz (er war in Mainz am Dom Organist und Pfarrer) betreute die Ginsheimer Katholiken während der Kriegsjahre bei ihren Gottesdiensten und seelsorgerischen Obliegenheiten.

Nach den Gottesdiensten lud ihn sein evangelischer Amtsbruder, Wilhelm Blum, und dessen Frau zum Kaffee ins Pfarrhaus ein und es begann ein recht freundschaftliches Verhältnis. Pfarrer Schneider revanchierte sich damit, dass er als Domorganist dem ältesten Sohn von Pfarrer Blum, dem heutigen Dekan Georg Blum, das Klavierspielen beibrachte.

Als dann in der Nacht vom 24. auf den 25. April 1944 die evangelische Kirche bei einem britischen Luftangriff völlig zerstört wurde, benötigte die evangelische Kirchengemeinde ihr Gemeindehaus für die eigenen Gottesdienste. Man setzte jedoch die Katholiken nicht vor die Tür, sondern man teilte sich am Sonntag das Gemeindehaus für die Gottes-
dienste: der katholische Gottesdienst war um 08:00 Uhr und der evangelische um 10:00 Uhr.

Wenn auch heute gern von Ökumene[2] gesprochen wird: das Verhalten der evangelischen Kirche 1939 war "echte Ökumene".

Die Bemühungen des Gustavsburger Pfarrer Ballweg hatte 1951 endlich Erfolg und er konnte in Ginsheim für den Bau einer katholische Kirche inkl. Pfarrhaus einen Bauplatz erwerben. Die Zahl der Ginsheimer Katholiken war inzwischen durch Heimatvertriebene aus dem Osten und Evakuierte aus Mainz erheblich angewachsen und brauchte nun einen eigenen Pfarrer und eine eigene Pfarrei.

Der Bischof von Mainz errichtete am 01.12.1953 eine katholische Pfarrei und er ernannte Franz Hessel zum ersten Ginsheimer katholischen Pfarrer. Er erhielt den Auftrag, den Ginsheimer Kirchenbau einzuleiten, in Ginsheim eine Pfarrei aufzubauen und auch die Bauschheimer Katholiken seelsorgerisch zu betreuen.

Am 14.06.1954 wurde mit dem Bau der Kirche nach den Plänen des Architekten Adalbert Ditt aus Mainz-Gonsenheim
begonnen. Am 05. Dezember 1954, knapp 6 Monate später, konnte die "Marienkirche" durch den Mainzer Bischof Albert Stohr eingeweiht werden.

Die Marienkirche war 25 Meter lang und 13 Meter breit und besaß einen 16 Meter hohen Turm. Die Baukosten betrugen 90.000 DM. Zusammen mit den Bauschheimer Katholiken hatte die Ginsheimer katholische Pfarrgemeinde zu diesem Zeitpunkt etwas mehr als 1.300 Mitglieder.

Das katholische Pfarrhaus wurde 1956/57 unter der Leitung des Ginsheimer Architekten Willy Beckenhaub gebaut.
Am 11. Oktober 1959 bekam die Marienkirche dank der Spenden der Gläubigen ein Geläut, dessen Dreiklang mit
dem Vierklang der evangelischen Kirche harmonierte. 1968 erhielt die Marienkirche eine neue Orgel. Ende 1975 gehörten 2220 Gemeindemitglieder zur Ginsheimer katholischen Pfarrgemeinde.

Am 1. Juni 1985 übernahm Gottfried Eck zusätzlich zu seinem Amt als Präses der Kolpingfamilie Mainz die Leitung
der Pfarrei. Auch Pfarrer Eck verfolgte seit Beginn seiner Amtszeit gemeinsam mit Pfarrgemeinde- und Verwaltungs-
rat den Plan einer Erneuerung und Erweiterung der Pfarrkirche.

Bei einer eingehenden Untersuchung der vorhandenen Bausubstanz stellte sich heraus, dass die Dachkonstruktion, die als Haupttragwerk eine Nagelbinderbauweise aufzeigte, komplett erneuert werden musste. Aus statischen Gründen war auch ein Erhalt des Hauptschiffes nicht möglich.

Architekt Florian Leitl plante daher auf den vorhandenen Fundamenten ein neues Hauptschiff mit zwei angegliederten Seitenschiffen. Am 26.05.1992 wurde die Baugenehmigung erteilt. Der letzte Gottesdienst in der ursprünglichen Kirche wurde am Erntedankfest, dem 4. Oktober 1992, zelebriert. Eine Woche später erfolgte der Teilabriss der Kirche. Am 04.04.1993 fand die Grundsteinlegung statt; zwei Wochen später, am 16.04.1993, wurde das Richtfest gefeiert. Durch diese Renovierungs-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen sind zusätzlich 80 Sitzplätze geschaffen worden.

Unter großer Anteilnahme der gesamten Ginsheimer Bevölkerung erhielt der Kirchturm am 13.07.1993 eine ordent-
liche Turmhaube (Spitze). Die feierliche Kirchweih erfolgt am 25.09.1994 durch Bischof Prof. Dr. Dr. Karl Kardinal Lehmann.

Nach dem gesundheitsbedingten Ausscheiden von Pfarrer Eck (1994) und der Vakanz[3] der Gustavsburger Pfarrstelle (1995) wurden die Pfarreien Ginsheim St. Marien und Gustavsburg Herz-Jesu 1995 mit Pfarrer Dr. Thomas Krenski besetzt. Ende Juli 2000 verließ dann Pfarrer Dr. Krenski, im September des gleichen Jahres auch Pastoralreferent Nichell die Pfarrei. Nachfolger von Pfarrer Dr. Krenski wurde am 1.8.2000 Pfarrer Stefan Selzer.

Die Stelle der Pastoralreferentin wurde zum 1.9.2001 durch Andrea Haberl geb. Müth neu besetzt. Ende September 2003 wechselte Pfarrer Stefan Selzer dann zur Pfarrei Liebfrauen nach Darmstadt, wo er auch als Schulseelsorger
der Edith-Stein-Schule wirkt. Ab dem 1.11.2003 wurden seine Dienste dann von Pfarrer Karl Zirmer, ehemals Dekan
im Dekanat Alzey/Gau-Bickelheim und Pfarrer von Saulheim, übernommen. Seit September 2004 war zusätzlich Herr Andreas Hoffmann als Pastoralreferent in unserer Gemeinde tätig.

Seit November 2005 bilden die Pfarrgemeinden Christkönig Bischofsheim, St. Marien Ginsheim und Herz-Jesu Gustavsburg die Pfarrgruppe "Mainspitze". Leiter ist Pfarrer Karl Zirmer. Am 1. September 2005 wurde Johannes Xuan Minh Dinh zum Viccarius parochialis der Pfarrgruppe mit Titel Pfarrer und Sitz in Bischofsheim ernannt.

Im Jahre 2005 wurde das Pfarrheim komplett renovier. Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat konnten sich darüber hinaus dazu entschließen, noch im Jahre 2006 die komplette Bestuhlung des Pfarrheims zu modernisieren. Hierzu wurden diverse Aktivitäten wie z.B. die Übernahme von Stuhl- oder Tischpatenschaften ins Leben gerufen.

Ende September 2006 hat Johannes Xuan Minh Dinh die Pfarrgruppe bereits wieder in Richtung der Pfarrgruppe Darmstadt-Ost verlassen, um dort in der Pfarrkuratie Rossdorf die Aufgabe des Pfarrvikars zu übernehmen. An die Stelle von Herrn Pfarrvikar Minh Dinh trat am 15.11.2006 Herr Kaplan P. Sijoy Peter Thevarkatt. Er gehört der Ordensgemeinschaft der Karmeliten in Mainz an und stammt aus dem indischen Bundesstaat Kerala.

Zum 1.9.2009 hat Kaplan P. Sijoy Peter Thevarkatt die Pfarrei St. Marien dann verlassen, um in der Gemeinde St. Marien (welch ein Zufall) in Hirschhorn am Neckar eine neue Aufgabe anzunehmen. Ende März 2010 hat Pastoral-
referent Andreas Hoffmann die Pfarrgruppe dann in Richtung Offenbach verlassen. Dort hat er in der Krankehaus-
seelsorge des städtischen Krankenhauses eine neue Herausforderung übernommen.


Literaturhinweise:
"Chronik der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg von 1976"
"Katholische Pfarrgemeinde St. Marien Ginsheim"

  1. Reformation: kirchliche Erneuerungsbewegung zwischen 1517 und 1648
  2. Ökumene: Ökumenische Bewegung ist eine Bewegung von Christen, die eine weltweite Einigung und Zusammenarbeit der verschiedenen christlichen Kirchen anstrebt
  3. Vakanz: bezeichnet ein Amt oder eine Arbeitsstelle, die momentan nicht besetzt ist