Ginsemer Anekdoten

(von: Georg Dauborn - * 13.05.1899, † 02.10.1975)

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Einen ganzen Tag nicht mehr auf der Welt

Diese Geschichte erzählte mir einmal der nicht nur mir wohlbekannte „Hummelvatter“. Er war den meisten Gins-
heimern als Fährmann zu dem damals auf der „Raben-Insel“ gelegenen Strandbad.

Diese Funktion übte er nach seiner Pensionierung zur Zufriedenheit aller großen und kleinen Ginsheimer sowie Gästen aus der näheren und weiteren Umgebung aus. Beschäftigt war er vorher in den „Heddernheimer Kupfer-werken“ in Gustavsburg. So manche nette Begebenheit aus seiner Jugendzeit habe ich - der ich mich auch zu seinen Freunden zählen durfte – von ihm gehört, und er war sicher nicht der „Liebste“ und „Brävste“ an Kirchweih und sonstigen Festen , wenn sich auswärtige junge Leute männlichen Geschlechts einmal zu intensiv um die Ginsheimer Damen bewarben.

Den Ablauf einer zünftigen Keilerei formulierte er etwa so: „Die wollte eigentlich gar kaa Hieb hawwe! Mir musste se dene direkt uffzwinge! Dobei hawwe mer ihne emol die Koppraaf ogezoge!“ (Kopfreisen = der oberste Reifen eines Fasses.)

Doch nun zu der im Titel aufgeführten Anekdote: Nach einem besonders lange ausgedehnten Sonntagsabends-Schoppen, bei dem der Alkohol einmal reichlicher als sonst floss, passierte es unserem Freund, dass er den ganzen Montag durchschlief und erst am Dienstag zur gewohnten Stunde erwachte um zur Arbeit zu gehen.

Zwar fiel ihm auf dem Weg nach Gustavsburg auf, dass die Kollegen wie sonst ihren neuen „Blauen“ (Arbeitsanzug) nicht unter dem Arm hatten, aber man konnte das ja auch einmal vergessen haben.
Als dann kurz nach Arbeitsbeginn der Meister zu ihm kam mit der Frage: „No Fritz, wo warstde denn gestern?“, er-
hielt er gleich die Antwort: „was geht dann Dich des o, wo ich gestern war!“

Nachdem aber der Meister dann meinte: „Ostandshalwer könnst de Dich awwer doch entschuldige“, war es bei Fritz „Dag im Dippche“: „Was ich am Sunndag mach, geht Dich en Dreck o! Verstehste mich!“ Nun musste ihm aber der Meister doch sagen, dass gestern ja Montag war, und als dann die Arbeitskameraden das auch noch bestätigten, meinte unser Freund lakonisch: „No, dann war ich halt emol aan Dag net uff de Welt!“

Womit die Angelegenheit erledigt war.

Georg Dauborn