Chronik
Im April 1792 marschierten österreichische und preußische Truppen in Frankreich ein, um den während der Französischen Revolution von den Bürgern Frankreichs inhaftierten König Ludwig XVI wieder auf den Thron zu verhelfen.
Johann Wolfgang von Goethe(Ölgemälde)
Da die französischen Soldaten für ihre Freiheit kämpften und nicht für Geld wie Söldner, wurden die österreichischen und preußischen Truppen zurück geschlagen.
Die französischen Revolutionstruppen verfolgten die Söldner und eroberten Speyer, Worms und Mainz und drangen sogar bis Frankfurt vor.
Im Frühjahr 1793 traten die Söldner der deutschen Fürsten zum Gegenangriff an. Als Begleiter des Herzogs von Weimar zog Goethe mit in den Krieg.
1793 schreib er einen Bericht über seine Erlebnisse während der Belagerung von Mainz:
Johann Wolfgang von Goethe (1828)
„Montag, den 26. Mai 1793, von Frankfurt nach Höchst und Flörsheim; hier stand viel Belagerungsgeschütz.
Der alte freie Weg nach Mainz war gesperrt, ich musste über die Schiffsbrücke bei Rüsselsheim; in Ginsheim ward gefüttert, der Ort ist sehr zerschossen; dann über die Schiffbrücke auf die Nonnenaue, wo viele Bäume niedergehauen lagen, sofort auf dem zweiten Teil der Schiffbrücke über den größeren Arm des Rheins.
Ferner auf Bodenheim und Oberolm, wo ich mich kantonierungsmäßig einrichtete und sogleich mit Hauptmann Vent nach dem rechten Flügel über Hechtsheim ritt, mir die Lage besah von Mainz, Kastel, Kostheim, Hochheim, Weisenau, der Mainspitze und der Rheininseln.
Die Franzosen hatten sich der einen bemächtigt und sich dort eingegraben.“
Goethe berichtete außerdem ausführlich von einem missglückten Manöver der Belagerer gegen die Franzosen:
„Den 29. Juni. Schon längst war von einer schwimmenden Batterie die Rede gewesen, welche bei Ginsheim gebaut, auf den Mainkopf und die zunächst liegenden Inseln und Auen wirken und sie besetzen sollte...
Auf meinem gewöhnlichen Nachmittagsritt nach unserer Schanze über Weisenau war ich kaum dorthin gelangt, als ich auf dem Fluss eine große Bewegung bemerkte: französische Kähne ruderten nach den Inseln, und die österreichische Batterie feuerte unausgesetzt Prellschüsse auf dem Wasser, für mich ein ganz neues Schauspiel.
Wie die Kugel zum ersten Mal auf das bewegliche Element aufschlug, entsprang eine starke, sich viele Fuß in die Höhe bäumende Springwelle; diese war noch nicht zusammengestürzt, als schon eine zweite in die Höhe getrieben wurde, kräftig wie die erste, nur nicht von gleicher Höhe, und so folgte die dritte, vierte, immer ferner abnehmend, bis sie zuletzt gegen die Kähne gelangte, flächer fortwirkte und den Fahrzeugen zufällig gefährlich ward.
An diesem Schauspiel konnte ich mich nicht satt sehen; denn es folgte Schuss auf Schuss, immer wieder neue mächtige Fontänen, indessen die alten noch nicht ganz verrauscht hatten.
Auf einmal löste sich drüben auf dem rechten Ufer, zwischen Büschen und Bäumen, eine seltsame Maschine los: ein vierecktes, großes, von Balken gezimmertes Lokal schwamm daher, zu meiner großen Verwunderung, zu meiner Freude zugleich, dass ich bei dieser wichtigen, soviel besprochenen Expedition Augenzeuge sein sollte.
Meine Segenswünsche scheinen jedoch nicht zu wirken, meine Hoffnung dauerte nicht lange: denn gar bald drehte die Masse sich auf sich selbst, man sah, dass sie keinem Steuerruder gehorchte, der Strom zog sie immer im Drehen mit sich fort.
Auf der Rheinschanze oberhalb Kastel und vor derselben war alles in Bewegung: Hunderte von Franzosen rannten am Ufer aufwärts und verführten ein gewaltiges Jubelgeschrei, als dieses trojanische Meerpferd, fern von dem beabsichtigten Ziel der Landspitze, durch den einströmenden Main ergriffen und nun zwischen Rhein und Main gelassen unauf haltsam dahinfuhr.
Endlich zog die Strömung diese unbehilfliche Maschine gegen Kastel, dort strandete sie unfern der Schiffsbrücke auf einem flachen, noch vom Fluss überströmten Boden.
Hier versammelte sich nun das sämtliche französische Kriegsvolk, und wie ich bisher mit meinem trefflichen Fernrohr das ganze Ereignis auf genaueste beobachtete, so sah ich nun auch leider die Falltüre, die diesen Raum verschloss, niedersinken und die darin Versperrten heraus und in die Gefangenschaft wanderten.
Es war ein ärgerlicher Anblick: die Falltüre reichte nicht bis ans trockene Land, die kleine Garnison musste daher erst durchs Wasser waten, bis sie den Kreis ihrer Gegner erreichte.
Es waren vierundsechzig Mann, zwei Offiziere, und zwei Kanonen; sie wurden gut empfangen, sodann nach Mainz und zuletzt ins preußische Lager zur Auswechslung gebracht.“
Dieser Bericht wurde von Manfred Welke für die Ginsheimer Chronik niedergeschrieben.
Literaturhinweise:
Chronik von Ginsheim-Gustavsburg von 1976
Deutsche Wikipedia
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