Stadtschreiber Geschichten
Familiennamen in Ginsheim
(alte Ginsemer Name)
von: Hans-Benno Hauf, Stadtschreiber in Ginsheim-Gustavsburg)
Gleich vorweg: Alles kann man nicht wissen, und es gibt bestimmt viele von mir noch nicht eingesehene Quellen, in denen der eine oder andere Schatz verborgen ist.
Der erste namentlich bekannte Ginsheimer hieß Togitio, wohl ein römisch-keltischer Reiter vom Stamm der Lingoner aus dem ersten Jahrhundert nach Christus, dessen Grabstein1 beim Bau der Gustavsburg 1631 gefunden wurde.
Lucius Lucretius Celer2 war Soldat in der Zenturie des Gaius Mummius Lolianus von der 1. Legion Adiutrix3. Die Legion lag von 71 bis 86 nach Christus in Mainz und er verlor seinen Helm in Höhe der Weisenauer Brücke. Hundert Jahre später setzt gemäß seinem Gelöbnis ein Claudius Quartinus, ein römisch-keltischer Soldat vom Stamm der Häduer4, auf seinem Grundstück einen Jupiteraltar, dessen Basis5 ebenfalls beim Bau der Gustavsburg ausgegraben wurde.
Ein Adliger namens Nandhari schenkt am 4. März 785 für seinen Todesfall seinen Besitz zu Gennesheim6 samt fünf Unfreien dem Kloster Fulda. Gab es tatsächlich einen Franken namens Gimmo mit seiner Sippe, wie der Bischofs-
heimer Pfarrer und Historiker Dr. Heinrich Steitz 1950 vermutet und Otto Wenke in der Ginsheimer Chronik7 übernimmt?
Togitio, Claudius Quartinus, Nandhari oder Gimmo, heutige Familiennamen lassen sich von ihnen nicht herleiten. Der erste schriftlich namentlich erwähnte Vogt, also ein adeliger Beamter und Schiedsmann in gräflichem Auftrag, war 1281 Gysilbertus. Aus dem Jahr 1319 ist uns Wernehrus Flecke bezeugt, 1339 ist ein Schultheiß Emericho Opilio und ein Mann namens Brodlin als Büttel von Ginsheim erwähnt.
Bekannt sind folgende Schultheißen:
Im Mittelalter sind viele Besitzwechsel von Gütern, Wiesen, Weiden und Fischrechten beurkundet. Käufer und Verkäu-
fer waren adelig und begründen keinen Bezug auf heutige Familiennamen. Zudem lebten und wohnten sie nicht im Dorf Ginsheim.
Ausnahme ist die Familie von Molsberg, deren verwandter Nachkomme, Joachim von Graevenitz, auf der Nonnenaue wohnte. Die Pfarrer zwischen 1521 und 1572 sind namentlich bekannt9, aber kein Name taucht in den Folgejahren als Ginsheimer Bewohner auf.
Aus einem Schuldschein von 158910 erfahren wir weitere Namen von Familien, die damals lebten:
In einem Erbleihevertrag von 160111 werden ein Dieter Stahl und ein Georg Zahn erwähnt und 161212 heißt der Ginsheimer Schultheiß Hans Gauer und die Schöffen Closman, Ebert, Mansard, Voltz, Braun, Laubenheimer und Stroh.
Margaretha und Martin Rauch mit den Söhnen Philipp, Johannes und Peter sind bezeugt wie auch Horn, Keller, Scheffer und Voltz.
161513 sind urkundlich erwähnt:
1666 war Johannes Werner Bürgermeister. Im gleichen Jahr heiratete eine Eva Voltz in Ginsheim einen Johann Heinrich Reinheimer aus Bauschheim.
Die Ginsheimer Kirchenbücher sind erst ab dem Jahr 1667 erhalten, die älteren verbrannten mit dem Pfarrhaus im Dreißigjährigen Krieg. Für das ganze Jahr 1667 sind nur 8 Geburten belegt.
Erstmals tauchen folgende Familien in den Kirchenbüchern auf:
Bis zum Jahr 1701 sind in verschiedenen Urkunden und Nachweisen15 folgende Nachnamen in unterschiedlichen Schreibweisen unter anderem verzeichnet:
Um 1700 bestand Ginsheim also aus insgesamt 67 Anwesen. Darin enthalten sind eine hochherrschaftliche Hofreite, vermutlich in der heutigen Rheinstraße 9, eine Schrautenbachische Hofreite sowie das Backhaus und das Hirtenhaus der Gemeinde in der heutigen Backesgasse.
Wir wissen das heute, weil Schultheiß16 und Gemeinde alle Gebäude in Ginsheim vom Ortsgericht17 haben schätzen lassen. Es gibt seit 300 Jahren und danach viele Familien gleichen Namens und viele der Männer trugen daneben auch den gleichen Vornamen. Verwechselungen waren unvermeidlich.
Um dem abzuhelfen, wurde von Amts wegen jedem gleichlautenden Namen eine Zahl, das sogenannte Beizeichen, angefügt. Diese Beizeichen konnten nicht vererbt werden, weil die Söhne oft einen anderen Vornamen trugen. Sie wurden deshalb im Laufe einer Generation neu festgesetzt, weil durch Todesfälle Beizeichen frei wurden, andererseits neue für Heranwachsende gebraucht wurden. Diese Regelung wurde noch bis in das 20. Jahrhundert angewandt.
Hans Ittner18 gibt dafür ein praktisches Beispiel für den Namen Johann Reinheimer:
Johann Reinheimer I. war der Büro-Schao, Verwaltungssekretär
der II.: Gross-Hannams-Schao
der III.: Bauschemer-Philipps-Schao
der V.: Schwarz-Hannes-Schao
der VI. Bäcker-Reinemers-Schao
der VII.: Maase-Michels-Schao der
VIII.: Schwarz-Schorsche-Schao der
IX.: Reinemer-Hanse-Schao
der X.: Adams-Schao
Es gab aber nicht nur Unterscheidungen der Vornamen, sondern auch Beinamen nach dem Beruf, der Lage oder Besonderheiten der Häuser. Mit der Zeit wurde es zur Gewohnheit, dem alten Namen den Vornamen des Nachfolgers anzuhängen. Durch Erbgang, Einheirat, Kauf oder Verkauf kamen neue Bewohner und neue Namen in das Haus, nur der Name der alten Besitzer blieb fest mit dem Anwesen verbunden.
Unterscheidungen waren auch Spott-, Spitz- oder sogar Schimpfnamen über Familien oder Familienangehörige. Eindeutig und treffend waren die Bezeichnungen für die Familien.
Hier eine kleine Auswahl:
Dank an Frau Dr. Hildegard Kastrup, an deren Wissen ich teilhaben durfte und an Hans Ittner, der vieles zu alten Familiennamen in Ginsheim in einem kleinen Büchlein für die Nachwelt festgehalten hat und aus dem ich einiges zitiert habe.
Quellen:
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