Historisches Hochwasser 1882/83


Hochwasser Anfang der 30-er Jahre

 

Der Ginsheimer Adam Hübner schreibt in seiner Chronik über das Hochwasser 1882/83 hoffentlich brachen spätere Generationen derartige Katastrophen nicht mehr zu erleben.

Die nachfolgende Schilderung stammt aus der Chronik von Adam Hübner:

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"1882 gab es abnorme Witterungsverhältnisse; es regnete fast den ganzen Sommer und Winter hindurch. Kurz nach Pfingsten brachte ein Gewitter Hagelschlag, und die Hagelkörner lagen an manchen Stellen bis zu 15 cm hoch.

Durch Hagel und ständigen Regen fiel die Getreideernte sehr mager aus. Die Hackfrucht des Herbstes konnte zum größten Teile nicht mehr eingebracht werden, weil die Fuhrwerke bis zu den Achsen und die Pferde bis zu den Bäuchen in dem aufgeweichten Boden versanken.

Und dann kam das Hochwasser! Am 29. November 1882 erreichte es mit 5,92 m den Höchststand. (Anmerkung: nach dem heutigen Pegel am alten Ginsheimer Bagger wären das 7,92 m - 8 cm bis zur Dammkrone ohne Dammmauer).

In Gustavsburg waren der Maindamm und in Ginsheim der Rheindamm "In den 40 Morgen [1]" gebrochen. Der größte Teil der Gemarkung stand unter Wasser, und nur über den Holzweg [2] konnte man aus Ginsheim heraus. Auf diesem Wege wurde auch das Vieh nach Bauschheim gebracht.

Im Ort war Quellwasser, die meisten Keller waren vollgelaufen. An einigen Stellen drohte der Ortsdamm zu brechen. Doch unter der klugen Anleitung des Bürgermeisters Schneider konnten die Bürger die Dämme so befestigen, dass sie dem anhaltenden Wasserdruck standhielten. In Laubenheim stürzten durch das Hochwasser 26 und in Bodenheim 35 Häuser ein. Fieberhaft arbeiteten die Ginsheimer am Ortsdamm, um solches Unheil von ihrer Gemeinde abzuwen-
den.

Mitte Dezember hatte sich das Hochwasser verlaufen. An den Dämmen wurde jedoch weiter gearbeitet, da man nach Meldungen vom Oberrhein mit neuem Hochwasser rechnete.

Und so kam es auch! Einige Tage nach Weihnachten stieg der Rhein wieder, und am 30. Dezember hatte er die Höhe vom November erreicht. Wieder wurden die Dammwachen eingesetzt. Doch wieder brachen Dämme, nur der Orts-
damm hielt noch.

Der Rhein stieg weiter! Nur 6 m war der Ortsdamm hoch. In aller Eile wurde die Dammkrone des Ortsdammes mit Sandsäcken und Erde durch ein kleines, provisorisches Dämmchen um 25 cm erhöht - und das reichte, bei einem Pegelstand von 6,06 m [3] kam der Rhein zum Stillstand. Das war am Nachmittag des 2. Januar 1883. Wie hoch das war, kann man am Pegel vor dem Hause Kirschner, Dammstraße 45, ablesen. Dort hört der Pegel bei 8 m auf. Das Wasser stand also 6 cm auf dem Damm, und nur das kleine Notdämmchen rettete die Gemeinde.

Doch in der folgenden Nacht gaben die Dammwachen wieder Alarm. Der Ortsdamm drohte hinter der Gärtnerei Klein-Wolf in der Pflugstraße zu brechen.

Über 1100 Sandsäcke wurden in dieser Nacht gefüllt und an die Gefahrenstelle gebracht, der Damm konnte gehalten werden. Jetzt kamen Soldaten, Infanteristen und Pioniere, die den übermüdeten Bürgern halfen, sie konnten es allein nicht mehr schaffen. Und diese Hilfe kam gerade zur rechten Zeit, denn jetzt lief das Wasser quasi von hinten in das Dorf, nämlich an der „Ittner Mühle [4]“ in der Neckarstraße.

Dort wurde ein Notdamm errichtet. Inzwischen bauten die Pioniere über einige Ortsstraßen Brücken und Stege, weil diese vom Quellwasser überflutet waren. An sieben Stellen drohte in diesen Tagen der Ortsdamm zu brechen, das Wasser wollte ihn überspülen, doch in unermüdlichem Einsatz bewahrten Bürger und Soldaten Ginsheim vor größerem Schaden."

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Auch in späteren Jahren hat es immer wieder Hochwasser gegeben, so hoch wie 1882/83 stieg der Rhein jedoch glücklicher Weise nicht mehr an.


Literaturhinweise:

  1. "Chronik der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg von 1976"

Fußnoten:

  1. In den 40 Morgen: Pumpwerk am Rheindamm
  2. Holzweg: Verängerung der Frankfurter Straße
  3. ein damaliger Pegelstand von 6,06 m wäre nach heutigem (2012) Pegel 8,06 m
  4. Ittner Mühle: diese stand damals auf der Ecke Neckarstraße - Münchener Straße